Der lange Weg zum Terminologieleitfaden – und warum er sich lohnt

Zum großen Thema „Terminologie“ machen wir uns an dieser Stelle regelmäßig Gedanken. Zum Beispiel mit unseren Ideen zum Minimalen Terminologiemanagement oder auch mit TermCloud. Ein weiterer Baustein im Terminologiemanagement ist der Terminologieleitfaden.

Warum man sich um Terminologie kümmern muss

Heute gibt es immer differenziertere Fachwortschätze in immer komplexeren Produktentwicklungsprozessen. Und Menschen reagieren immer sensibler auf unverständliche oder inkonsistente Inhalte. Viele Unternehmen haben das bereits erkannt. In einer Studie des Software-Herstellers Acrolinx* wird Content-Qualität in direktem Zusammenhang mit Kaufentscheidungen und Markenwahrnehmung gesehen. Auch rechtliche Risiken, die mit qualitativ schlechtem und inkonsistentem Content einhergehen, sind ein wesentlicher Aspekt.

Laut einer Veröffentlichung des Instituts für Angewandte Informationsforschung* können bis zu 70 % aller Fehler in der technischen Dokumentation Terminologiefehler sein. Wenn man die Terminologie in den Griff bekommt, hat das eine große Hebelwirkung.

Es stellt sich also die Frage, wie man im Unternehmen über die verschiedenen Abteilungen und Sprachen hinweg verständliche und konsistente Terminologie erfassen und managen kann.

Dazu kann ein Terminologieleitfaden beitragen.

Was ein Terminologieleitfaden beinhaltet

Ein Terminologieleitfaden ist ein unternehmensinternes Dokument, das meist folgende Themen beinhaltet:

  • Definition des Terminologie-Workflows im Unternehmen,
  • Beschreibung der Funktionalitäten der eingesetzten Terminologietools,
  • Regeln zur Termbildung (z. B. Kompositabildung),
  • Aspekte bei Mehrsprachigkeit der Terminologie.

Oft initiiert die Technische Redaktion oder das Übersetzungsmanagement den Prozess. Das hat mit dem zentralen Stellenwert von Terminologie für Technische Redakteure und Übersetzer zu tun. Bei ihrer täglichen Arbeit wird ein Mangel an festgelegter, konsistenter Terminologie schnell zu einem Problem.

Eigentliche Herausforderung: Der Prozess

Ein Terminologieleitfaden ist – vor allem mit professioneller Hilfe – recht schnell entwickelt. Aber das, was darin steht, muss gut überlegt sein und auch gelebt werden. Die unternehmensinterne Akzeptanz der Prozesse rund um das Terminologiemanagement ist die eigentliche Herausforderung. Denn Terminologie ist ein interdisziplinäres Thema, bei dem Bereiche mit unterschiedlichen Kernkompetenzen ins Boot geholt werden müssen (Entwicklung, Produktmanagement, Technische Dokumentation, Übersetzungsabteilung, Marketing).

Und dafür bedarf es eines offenen, transparenten internen Prozesses. Alle Beteiligten müssen sich der Wichtigkeit des Themas und ihrer Rollen darin bewusst sein. Das kann eine große Herausforderung sein, da unterschiedliche Interessen berücksichtigt und vielleicht auch Kollegen überzeugt werden müssen.

Hier können wir als Sprachdienstleister indirekt unterstützen, indem wir beispielsweise Informationen und Argumentationshilfen bereitstellen. Ganz wichtig ist, dass Sie mit Ihren Kolleginnen und Kollegen aus den Bereichen, in denen Terminologie erstellt, genutzt und übersetzt wird, zusammenarbeiten. Das kann zum Beispiel in einem Workshop geschehen, in dem Sie erarbeiten, wie ein Prozess von der Entstehung der Terminologie bis hin zur Übersetzung, Freigabe und der täglichen Nutzung aussehen soll.

Am Anfang könnte zunächst jeder dafür sensibilisiert werden, wie wichtig ein Terminologieprozess ist. Das kann auch mit Fallbeispielen erreicht werden, in denen inkonsistente oder falsche Terminologie zu Problemen in Ihrem Unternehmen geführt hat. Oft erzielt man damit einen Aha-Effekt. Und wenn alle überzeugt sind und an einem Strang ziehen, haben Sie bereits einen ganz wichtigen Meilenstein erreicht.

Dann geht es in die Detailarbeit. Angefangen bei der Entstehung Ihrer Unternehmensfachbegriffe sind u. a. die Fragen zu klären: Wo überall im Unternehmen entstehen neue Fachbegriffe? Nach welchen Regeln werden neue Fachbegriffe erstellt? Wer erstellt diese und wie soll die Freigabe ablaufen? Wie und wo werden die Fachbegriffe gesammelt und kommuniziert? Wie wird die Einhaltung der Regeln geprüft? Wer übersetzt die Fachbegriffe in die Unternehmenssprachen und wer gibt sie frei? Was muss eine Software können, die dieses Vorhaben unterstützt?

Wenn Sie Ihre Antworten auf diese Fragen erarbeitet haben, werden diese Ihren ganz individuellen Terminologieleitfaden ergeben. Und dann wird dieser nicht nur ein Dokument sein („Papier ist geduldig“), sondern gelebte Prozesse beinhalten.

Unser Fazit

Ein Terminologieleitfaden an sich ist recht schnell verfasst. Aber ohne eine entsprechende Akzeptanz des Prozesses im Unternehmen ist der Terminologieleitfaden wertlos. Das heißt, der Terminologieleitfaden ist das Ergebnis eines internen Entwicklungs- und Abstimmungsprozesses. Wir von Gemino können Sie dabei unterstützen.

*Global Content Impact Index, Seite 6, http://www.acrolinx.de/publikationen/der-roi-von-hochwertigem-content/

*Jörg Schütz, Rita Nübel: Evaluating Language Technologies: The MULTIDOC Approach to Taming the Knowledge Soup, Seite 241, In: Lecture Notes in Computer Science, Vol. 1529, Springer Berlin Heidelberg.