Eine gute Übersetzung ist eine gute Übersetzung ist oft ein Irrtum
Gedanken zum viel strapazierten Wort „Qualität“ und wie ISO-Zertifizierungen helfen
Was ist eine gute Übersetzung? Eine nach ISO 17100-Vorgaben? Eine unglaublich schnelle? Eine preiswerte mit wenig Fehlern? Eine, die bestimmte Tools nutzt? Eine, die auch die Zwischentöne trifft?
Was bedeutet das Wort „Qualität“ bei Übersetzungen?
„Qualität ist, wenn am Ende immer das rauskommt, was die Auftraggeber erwarten.“
Die Antwort ist einfach: Qualität ist, wenn am Ende immer das rauskommt, was die Auftraggeber erwarten. Oder etwas genauer formuliert: was der kommunikativen Zielsetzung der Auftraggeber entspricht. Der Weg dahin ist aber nicht ganz so einfach. Denn es geht darum, dass die Übersetzung das erwartete Ergebnis für die eigentlichen Auftraggeber erreicht. Das sind nicht unbedingt diejenige, die die Leistung beauftragen, sondern diejenige, auf die die Übersetzung abzielt, z. B. die (potenziellen) Kunden unserer Kunden bei einer Marketingbroschüre.
Es geht also bei „Qualität“ um die Zielgruppe bzw. die gewünschten Eigenschaften der Übersetzung. Daher ist „Qualität“ nicht nur beschränkt auf Texte, die keine oder besonders wenig Übersetzungsfehler haben, sondern es geht darum, dass eine Übersetzung für den geplanten Verwendungszweck geeignet ist. Dafür müssen wir vorher wissen, welches Ziel mit der Übersetzung verfolgt wird. Nur dann können wir so agieren, dass die Übersetzungsqualität „stimmt“.
Einen allgemeingültigen Qualitätsbegriff gibt es nicht
Man kann also sagen, dass sich die Qualität einer Übersetzung über deren Eigenschaften definiert. Daher stellen wir uns zusammen mit unseren Auftraggebern vorab die Frage: „Was brauchen Sie?“ Die Antworten reichen von maschineller Übersetzung zur Inhaltserschließung bis hin zu einer ausgefeilten Übersetzung mit Revision und Transcreation fürs Marketing.
Im Falle der maschinellen Übersetzung bedeutet Qualität dann vielleicht: schnelle Lieferung und inhaltliche Korrektheit. Mögliche terminologische „Unsauberkeiten“ im maschinell übersetzten Text stören den Zweck möglicherweise nicht, wenn der Zweck die Inhaltserschließung ist.
Und wieso ISO-Zertifizierungen, wenn es doch keinen allgemeingültigen Qualitätsbegriff gibt?
Für uns als Sprachdienstleister sind die Zertifizierungen nach ISO 17100 oder ISO 9001 ein gutes Instrument, um „das große Ganze“ regelmäßig zu hinterfragen und um immer wieder unabhängig zu überprüfen, ob die Prozesse richtig umgesetzt werden und funktionieren.
Für Auftraggeber haben Zertifizierungen ihre Berechtigung als Auswahlkriterium.
Aber das Vorhandensein einer ISO-Zertifizierung garantiert noch keine gleichbleibend hohe Übersetzungsqualität. Die ISO ist eher als ein Mindeststandard zu verstehen, der gewisse Strukturen vorgibt. Im zeitlichen Verlauf entscheidet sich dann, ob der Übersetzungsdienstleister kontinuierlich Qualität liefern kann.
ISO-Zertifizierungen sind wie Testübersetzungen
Man kann eine ISO-Zertifizierung mit Testübersetzungen vergleichen: Wenn ein Übersetzer oder eine Übersetzerin eine erfolgreiche Übersetzungsprobe abgeliefert hat, garantiert das noch nicht, dass dieses Niveau auch unter Realbedingungen erreicht wird. Schon gar nicht auf lange Sicht. Es zeigt nur, dass in dieser einen Prüfungssituation ein gutes Ergebnis erzielt wurde. Aber wenn nicht einmal das geschafft wird, dann darf man schon begründete Zweifel an den Fähigkeiten der jeweiligen Person haben.
So ist es auch mit der ISO: Sinnvoll definierte Prozesse bilden den Grundstein. Nur so kann langfristig stabile Qualität entstehen. Eine Garantie ist das natürlich nie. Aber eben eine essentielle Voraussetzung. Und genau aus diesem Grund machen Zertifizierungen Sinn. Weil man sich damit zur Einhaltung dieser Prozesse verpflichtet, und auch dazu, diese Einhaltung zu belegen.
„Kontinuierliche Verbesserung“ und „Managen des Unerwarteten“: Gutes Qualitätsmanagement ist auch eine Geisteshaltung
Essentieller Bestandteil eines guten Qualitätsmanagements ist der kontinuierliche Verbesserungsprozess. Und dieser funktioniert nur, wenn unsere Teams das Bewusstsein dafür mitbringen und bei jedem Problem die Frage stellen: „Ist da etwas, was wir ändern müssen im Prozess?“ Das liest man so auch im Qualitätshandbuch. Aber wird es auch durchgängig so gelebt? Das Bewusstsein, dass wir uns permanent in Verbesserungsprozessen befinden, ist entscheidend. Aufgrund dieser Geisteshaltung bleibt der kontinuierliche Verbesserungsprozess für Gemino keine hohle Phrase.
Zudem ist ein Sprachdienstleister im Idealfall in der Lage, flexibel auf plötzliche Änderungen zu reagieren. Auch bei standardisierten Workflows ist kein Übersetzungsprojekt wie das andere und im Projektverlauf stellen sich oft neue Herausforderungen oder es ändern sich die Rahmenbedingungen. Die damit verbundenen Risiken zu bewerten, die Prozesse schnell entsprechend anzupassen und dann trotzdem zum erwarteten Ergebnis zu kommen zeichnet ein gutes Qualitätsmanagement aus. Wir nennen es „Managen des Unerwarteten“.
Fazit
Die Qualität einer Übersetzung wird daran gemessen, wie gut diese ihre Aufgabe in den Zielsprachen erfüllt. Und das hat nicht immer nur etwas mit wenig Übersetzungsfehlern zu tun. Die entsprechende Umsetzung erfordert sowohl eine Abstimmung der Erwartung mit den Auftraggebern als auch stabile Prozesse, die das Unerwartete abbilden können – und eine Geisteshaltung im Team, mit der immer wieder hinterfragt wird, ob das, was wir da tun, gut ist. Die ISO-Zertifizierungen bilden dafür den Rahmen, nicht mehr und nicht weniger.